Donnerstag, 21. April 2016 08:50

salto.bz - Flughafen "Dann zahlen wir umsonst Steuern"

salto.bz vom 21.4.2016: Springt Südtirols Wirtschaft ein, falls der öffentliche Geldhahn für den Flughafen abgedreht wird? Antworten von zwei altgedienten Flughafen-Befürwortern.        Susanne Pitro

Zumindest Südtirols oberster Flughafen-Befürworter macht sich wenige Illusionen. Nein, Schlange stehen mögliche private Investoren für Südtirols Flughafen nicht, räumte Landeshauptmann Arno Kompatscher am Mittwoch ein. Hintergrund solcher Aussagen ist die vielerorts verbreitete Annahme, dass bei der Flughafen-Volksabstimmung am 12. Juni das Nein siegen wird. Und so schiebt sich mit Näherrücken der Abstimmung immer mehr die Frage in den Vordergrund, was denn eigentlich passiert, wenn die öffentliche Finanzierung für die Flughafengesellschaft ABD tatsächlich eingestellt wird. Diesbezüglich zeigten sich erst zuletzt zwei Unternehmer weit zuversichtlicher als der Landeshauptmann.

„Wenn das Land den Flughafen nicht finanziert, wird es eben ein Privater tun – Unternehmer und Hoteliers, aber auch die Handelskammer“, versicherte Fri-El Geschäftsführer Josef Gostner via Südtiroler Tageszeitung. Nicht nur er zeigte Bereitschaft, in den Flughafen zu investieren, auch SAD-Geschäftsführer Ingemar Gatterer bekundete dort grundsätzliches Interesse an „allen Geschäftsbereichen im Bereich Personenbeförderung“. Sind Südtiroler Unternehmer nach dem Millionen-Debakel mit der Fluglinie Air-Alps tatsächlich ein zweites Mal bereit, erneut Geld in die umstrittene Infrastruktur zu stecken? Josef Gostner antwortet darauf, dass die Führung einer Fluglinie mit der Führung einer Infrastruktur nicht zu vergleichen ist. „Ich wette sogar, dass die Privaten das besser hinkriegen als die öffentliche Hand.“

 

Etwas differenzierter sehen das zwei der Unternehmer, die bereits in der Vergangenheit Geld am Bozner Flughafen liegen lassen haben. Allen voran der Bozner Unternehmer und Hotelier Franz Staffler. Er war eine der treibenden Kräfte, die den seit den 1930-ern bestehenden Militär- und Privatflughafen für den Zivilverkehr flugtauglich gemacht hatten. Zwischen 1990 und 2000 hatte Staffler mit dem mittlerweile verstorbenen ehemaligen Flughafen-Direktor Marco Forrer und einigen anderen Unternehmern über eine Aktiengesellschaft einiges investiert, um noch vor dem Engagement der öffentlichen Hand die dafür nötigen Auflagen zu erfüllen. Später war er genauso wie der Burggräfler Hotelier und Unternehmer (Dr. Schär) Ulrich Ladurner Aktionär der Air Alps. Der Besitzer des bekannten Designhotels vigilius mountain resort ist auch nach seinem spektakulärem Absturz im Vorjahr leidenschaftlicher Hobbyflieger und wie Staffler überzeugter Flughafenbefürworter.

 

Sind Sie bereit, im Fall eines negativen Ausgangs des Flughafen-Referendums als Teil einer Unternehmergruppe den Bozner Flughafen zu übernehmen?
Franz Staffler: Nein, denn einerseits habe ich schon genug gegeben. Vor allem aber ist das von mir aus nicht der richtige Weg. Wir brauchen eine stabilere und sinnvollere Lösung, als sich nun aus Solidarität zusammenzutun. Ich bin der Meinung, dass ein Regionalflughafen eine Serviceleistung ist, die sich nicht rentieren muss. Er soll so billig und so gut wie möglich geführt werden, es kann auch durchaus Zeiten geben, in denen er ausgeglichen oder mit kleinem Gewinn arbeitet. Doch es ist sicher nicht das oberste Ziel, dass ein Flughafen Geld abwirft. Deshalb ist er auch kein Objekt unternehmerischer Tätigkeit, außer man will Geld verbrennen oder herschenken. Ein Flughafen gehört meiner Meinung nach so wie Straßen, Züge und Busse zur Infrastruktur eines Landes. Das heißt, es muss möglich sein, dass auch Geld hineinspendiert wird. Was eher Sinn machen könnte, wäre ein Engagement von größeren Institutionen, die daran interessiert sind, die Infrastrukturen des Landes zu stärken. Ein Investment privater Gesellschaften macht dagegen am ehesten Sinn, wenn es sich dabei um größere Flughafengesellschaften handelt, die in kleinere Strukturen investieren, um den Verkehr in ihr Netz einzubauen.

Ulrich Ladurner: Ich glaube immer noch, dass die Vernunft siegen wird und der Vorschlag des Landes angenommen wird. Deshalb lassen wir nun einmal das Referendum kommen. Sollte es tatsächlich negativ ausgehen, werden wir sicherlich im Sinne der Zukunftssicherung neue Lösungen finden müssen. Ich persönlich habe mit Air Alps schon einen Beitrag geleistet, auch wenn andere wesentlich mehr hineingesteckt haben als ich. Ich bin aber auch der Überzeugung, dass es Aufgabe der öffentlichen Hand ist, Infrastrukturen bereit zu stellen. Wenn das nicht geschieht, zahlen wir umsonst Steuern. In die Vinschger Bahn investiert das Land weit mehr Geld, und in dem Sinne sollte man auch den Flughafen sehen. Er wird nie ein Business Modell sein, doch die  Wertschöpfung, die daraus entsteht, ist in großem Konsens zu sehen.

 

Warum braucht Südtirol einen eigenen Flughafen?
Franz Staffler: Weil es schlichtweg dumm wäre, eine Struktur, die ohnehin da ist und technisch funktioniert, nicht zu nutzen. Als wir den Flughafen für den Zivilverkehr öffneten, gab es bereits 25.000 Flugbewegungen im Jahr und daran hat sich bis heute nichts geändert und würde sich auch in Zukunft nichts ändern. Allenfalls würden die Helikopter und Privatflüge ein wenig zurückgehen, weil sie sich an den öffentlichen Verkehr anpassen müssen. Wichtigste Aufgabe eines funktionierenden Flughafens wäre aber jene, die Regionalflughäfen in der ganzen Welt haben: die Einbindung einer Region in ein internationales Flugnetz, um die Erreichbarkeit zu garantieren. Hier geht es nicht um Rom-Flüge für Politiker oder um Reiche, die in Ferien fliegen wollen. Wenn wir unsere Brückenfunktion zwischen Nord und Süd erfüllen wollen, ob im Bereich Kultur, Forschung oder Wirtschaft, gehört ein Flughafen einfach dazu. Und auch im Tourismus  können wir nicht auf ewig nur von Bayern und Österreichern leben, die mit dem Auto anreisen.

Ulrich Ladurner: Weil unser altes Erfolgsmodell der Sechziger bis Achtziger Jahre nicht mehr zukunftsträchtig ist. Wir müssen offen für Neues und vor allem im Tourismus offen für neue Gäste und Einzugsgebiete sein. Wir haben auf den alten Märkten zum Teil sehr große Fehler gemacht und zu sehr versucht, auf Masse zu gehen. Die große Herausforderung lautet nun, Südtirol möglichst würdig zu verkaufen. Vor allem weil die Bedeutung von anderen Wohlstandssäulen wie Handel und Handwerk stark zurückgegangen ist. Wir stehen voll im Wandel und müssen uns nun so gut wie möglich vernetzen und öffnen, um unseren Wohlstand auch in Zukunft zu sichern. Dazu gehört auch eine Infrastruktur wie ein Flughafen. Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Es ist auch als Unternehmer einfach wunderschön, abends zu Hause zu sein. Das heißt, auch abseits vom Tourismus müssen wir Leuten, die zu uns kommen, sowie auch unseren Unternehmern ermöglichen, ihre Termine tagsüber zu erledigen und am Abend wieder nach Hause zurückzukehren. Dazu brauche ich aber sichere Anbindungen an Rom und Frankfurt oder Alternativen wie Köln und Bonn.

 

Niki Lauda hat erst kürzlich bei einem Bozen-Besuch gemeint, es müsste viel Geld locker gemacht werden, “um einen stabilen Flughafen zu haben, auf den sich die Passagiere verlassen können“. Was braucht es, damit der Flughafen im Gegensatz zur Vergangenheit funktionieren kann?
Franz Staffler: Die Verlängerung der Piste war seit Beginn eine der wichtigen Voraussetzungen für einen funktionierenden Flugbetrieb. Denn davon hängt es ab, ob man Fluggesellschaften findet, die geeignete Fluggeräte haben und die wirtschaftlich an Bozen interessiert sind. Je kürzer die Piste, desto steiler und somit komplexer ist das Anflugverfahren. In der Vergangenheit war das Problem, dass Piloten dafür eine eigene Schulung brauchten. War ein solcher Pilot krank, fiel automatisch der Flug aus. Wenn die Anflugschneise auch nur um einen Grad gesenkt werden kann, wäre das in der Praxis bereits eine wichtige Verbesserung. Auch weil heute dank GPS ein Blindanflug möglich ist. Allerdings ist für ein neues Anflugverfahren wieder eine Prozedur mit der Enac notwendig, die mit allen Tests sicherlich gut zwei Jahre dauert. Ein weiteres Problem der bisherigen Fluggesellschaften war, dass sie Defekte an den Maschinen nicht vor Ort beheben konnten. Mit einer längeren Piste, besseren Geräten und einer gut organisierten Gesellschaft, die Probleme mit Maschinen und Piloten kurzfristig lösen kann, würde die Verlässlichkeit also ganz sicher steigen. Voraussetzung dafür ist aber nicht nur, dass man eine Fluggesellschaft findet, die an Bozen glaubt und bereit ist, in das Projekt zu investieren. Voraussetzung ist aber auch, dass das Land selbst an den Standort Bozen glaubt. Denn wenn Politiker und die Bevölkerung weiterhin ständig gegen den Flughafen operieren, wird man kaum jemanden finden, der bereit ist viel Zeit und Geld zu investieren, damit die Sache in Schwung kommt.

Ulrich Ladurner: Niki Lauda spricht aus seiner Sicht und Erfahrung, und er hat sicher Recht damit, dass sich Bozen nicht dazu eignet, mit großen Fliegern ökonomische Angebote zu machen. Doch es ist ohnehin klar, dass wir keine Ryan-Air-Flüge anbieten wollen, da wären wir wieder im Massentourismus drinnen, der nicht zu Südtirol passt. Ich kann aus meiner Erfahrung mit meinem Zweisitzer nur sagen, dass man in Bozen fast immer ohne Behinderung landen kann. Der Service hat zuerst mit Tyrolean und dann mit Air Alps auch die meiste Zeit gut funktioniert. Große Probleme sind vor allem in den letzten Jahren entstanden, als eine andere Gesellschaft dafür verantwortlich war. Denen war ziemlich egal, ob sie gelandet sind oder nicht.  Ökonomisch war eines unserer Probleme mit Air Alps damals, dass wir die Verpflichtung hatten, drei oder vier Flüge nach Rom anzubieten. Wenn wir nur zwei gemacht hätten, wären die Verluste nicht entstanden, denn der Morgenflug war immer gut ausgelastet und hätte auch Potential für größere Flieger. Ich denke, dass der Flughafen laut dem nun vorliegenden Entwicklungsplan funktionieren könnte. Auch wenn ich im Gegensatz zu anderen nicht glaube, dass wir damit schon eine g’mahte Wiesen haben. Es braucht nun vor allem noch die richtigen Kontakte, Fluglinien und Verbindungen, damit der Flughafen auch das bringt, was wir uns erhoffen. Und eine der wichtigsten Prämisse für ein Funktionieren ist es, volkswirtschaftlich zu denken und zu sagen: Das ist ein wichtiger Beitrag für den Wohlstand Südtirols.

 

Quelle: https://www.salto.bz/article/21042016/dann-zahlen-wir-umsonst-steuern?

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