Der Landesstrategieplan (LSP) soll den Landesentwicklungs- und Raumordnungsplan (LEROP) ersetzen und wird somit das grundlegende Planungsinstrument, das vom Gesetz Raum und Landschaft in Südtirol vorgesehen ist. Mit einer Umfrage will das Land die Einschätzung von interessierten Organisationen zu den im LSP verfolgten Zielen und Themen einholen. Die gestellten Fragen können aber nicht die Grundlage für eine seriöse Arbeit an einem so wichtigen Planungsinstrument sein!
Klimaplan wertlos?
In den Fragen werden Teilnehmer*innen gebeten, unterschiedliche Themen des LSP nach Wichtigkeit und Formulierung zu bewerten. Statt inhaltlich konkrete Ziele zu bringen, werden allgemeine Punkte abgefragt, die eigentlich schon in anderen Plänen, Programmen und Gesetzen geregelt oder festgelegt wurden. Zum Beispiel im ersten Teil des Klimaplans Südtirol 2040. Gleich der erste Punkt fragt, wie wichtig die Umsetzung des Klimaplanes für die Teilnehmenden ist. Anschließend werden weitere Ziele des Klimaplanes in Frage gestellt: Beendigung des Torfabbaus? Anpassung von Strategien und Planungsinstrumenten an den Klimawandel? Stopp des Netto-Bodenverbrauchs? Alles bereits Teil des Klimaplans. Sind die im Klimaplan definierten Ziele also noch verhandelbar? Könnte es am Ende sogar einen Landesstrategieplan geben, der den Zielen des Klimaplanes widerspricht?
Andere Fragen betreffen Bereiche, die schon von bestehender regionaler, nationaler und internationaler Gesetzgebung geregelt werden. Etwa die Erhöhung des Anteils der Schutzgebiete auf 30% der Fläche: Hier ist für die Umweltverbände unverständlich, warum der Schutzgebietsanteil noch in Frage gestellt werden muss, denn eine Anpassung an existierende EU-Richtlinien ist nicht verhandelbar, sondern Pflicht. Außerdem sind 30% Schutzgebietsanteil auch Teil der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes.
Der Sinn von Schutzgebieten wurde von der dafür zuständigen Landesrätin medial immer wieder hinterfragt. Auch im Fragebogen deutet man eine Balance zwischen Nutzen und Bewahren an, anstatt endlich einen effizienten Schutz in Schutzgebieten zu garantieren.
Unverbindliche Formulierungen
Auffallend ist außerdem die Formulierung der Fragen: Die Punkte sind allgemein gehalten, konkrete Umsetzungsfelder werden nur in wenigen Fällen genannt. Stattdessen werden allgemeine Themen vorgestellt, die sowieso in einem Strategieplan gehören: Es soll „Eine sektorübergreifende Strategie zum Bodenschutz (…) ausgearbeitet werden.“ Für was ist ein Landesstrategieplan sonst da? „Eine Landesstrategie zur Anpassung an den Klimawandel soll ausgearbeitet werden.“ Wie will man dem Klimawandel ohne Strategie zur Anpassung begegnen? Nur wenige Fragen können konstruktiv kritisiert werden oder benötigen eine Einschätzung, der Großteil hingegen sind leere Phrasen.
Feigenblatt-Partizipation
Es ist wichtig, dass bei einem so bedeutenden Planungsinstrument wie dem LSP die Vertreter: innen von Interessensgruppen miteinbezogen werden. Diese Umfrage ist aber ein Beispiel dafür, was herauskommt, wenn Partizipation nur ein Schlagwort ist und von den Verantwortlichen nicht ernst genommen wird. In der ursprünglichen Präsentation des Strategieplans wurde ein umfassender partizipativer Prozess versprochen. Jetzt sollen sich Vertreter: innen der Umweltverbände mit einem oberflächlich gehaltenen und kurzfristig auszufüllenden Fragebogen zufriedengeben. Das Beispiel der kürzlich erfolgten Abänderung zum Landschaftsleitbild zeigt, dass andere Interessensgruppen mehr Gehör bekommen und sogar in Landesregierungsbeschlüssen zitiert werden.
Es braucht einen LSP, der die Zukunft von Landschaft und Biodiversität sichert und dem Klimaschutz Rechnung trägt. Gerade in Zeiten von Erderwärmung und Biodiversitätskrise braucht die Umwelt eine starke Lobby, Alpin- und Umweltverbände müssen hier umso mehr angehört werden. Der Alpenverein Südtirol, der Dachverband für Natur und Umwelt und der Heimatpflegeverband Südtirol fordern also eine ernstzunehmende Miteinbeziehung bei diesem Prozess und wollen sich nicht mit einem improvisierten Fragebogen abspeisen lassen.