Die Tinte auf den Dokumenten der italienweiten Studie zur Sinnhaftigkeit der italienischen Flughäfen dürfte noch nicht ganz getrocknet sein, da wird in der Südtiroler Landesregierung wiederum ein Anlauf unternommen, den Flugplatz Bozen, dessen Betrieb diese Studie als nicht zukunftsfähig erachtet hatte, in bewährter Salamitaktik Stück für Stück auszubauen. Bemerkenswert auch die Tatsache, das bereits vor der eigentlichen Sitzung der Landesregierung am Montag Vormittag die Entscheidung samt Begründung in den Medien zu lesen ist.
Die angesprochene Studie des Konsortiums One Works-Nomisma-KPMG, allesamt international renommierte Ökonomie-Institute, schließt dabei nahtlos an die bereits im Jahre 2006 von der Deutschen Bank erstellte Studie zu kleinen Provinzflugplätzen an, denen bereits damals keine wirtschaftliche Überlebenschance gegeben wurde. Die Südtiroler Wirtschafts-"Weisen" hingegen betonen plötzlich, dass für den Bozner Flugplatz "Wirtschaftlichkeit alleine nicht das Kriterium sein darf".
Aber auch eine ganze Reihe anderer Kriterien spricht dagegen. So spricht sich die Südtiroler Politik immer für eine baldige Realisierung der Protokolle der Alpenkonvention aus. Genau diese (Verkehrsprotokoll Art.12) verbieten einen Neu- oder Ausbau von Flugplätzen in den Alpen. Die Lage im Bozner Talkessel, in unmittelbarer Nähe der Bozner Industriezone, mit der freien Anflugschneise nur gegen Süden, ist flugtechnisch überaus ungünstig. Auch die Verlängerung der Piste wird die witterungsbedingten Umleitungen auf andere Flughäfen in der Nähe nicht verringern. Zwei bestens ausgebaute, funktionsfähige und international angebundene Flughäfen liegen "um die Ecke", nämlich Innsbruck und Verona. Das Argument der Erreichbarkeit ist deshalb mehr als hinfällig. Privatunternehmen wie Südtirol-Bus machen vor, wie smart Anbindung und Erreichbarkeit heute gelöst werden können. Zudem laufen immer schnellere Bahnverbindungen Inlandsflügen schon lange den Rang ab. Dies wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken, da Treibstoff mittelfristig teurer wird, ab 2012 europäische Flüge in den CO2-Handel aufgenommen werden, in Deutschland bereits ab kommendem Jahr eine Flugverkehrsabgabe gilt. Es ist auch nur noch eine Frage der Zeit, bevor die steuerlichen Erleichterungen des Flugverkehrs gekippt werden.
Trotz all dieser offenkundigen Argumente wird durch den heutigen Beschluss am Flugplatz Bozen und seinem Ausbau, was sich durch "Anpassung an die zukünftigen Erfordernisse" natürlich sehr viel schonender kommunizieren lässt, festgehalten. Diese Aussagen reihen sich in die lange Liste der dubiosen Behauptungen sowie gegebenen und gebrochenen Versprechen ein ("3,3 Starts und Landungen pro Tag gewährleisten die Rentabilität / Nur Ausgestaltung des bestehenden Flughafens / Bescheidene Strukturen / ..." - Aussagen der Landesregierung in einer Hochglanz-Broschüre zum ersten Ausbau 1997).
Wenn trotz besseren Wissens für die Bequemlichkeit einiger Weniger nach wie vor verkrampft an dieser defizitären Infrastruktur festgehalten wird, dann sollten diese Wenigen auch dafür aufkommen. Aber wahrscheinlich ist dann (fehlende) Wirtschaftlichkeit doch plötzlich wieder ein Kriterium.