Der Wassernutzungsplan des Autonomen Provinz Bozen liegt zur Zeit in Rom auf und soll nach einer Begutachtung durch eine paritätische Kommission mit Dekret des Staatspräsidenten erlassen werden. Die Erstellung und Verabschiedung des Wassernutzungsplanes zieht sich dabei schon seit 2007 hin, da um sehr viele heikle Punkte gefeilscht wurde, so auch um die Festlegung der Restwassermengen. Für die hydroelektrische Nutzung wurde eine Staffelung dieser Restwassermengen gefunden, welche sich am Einzugsgebiet orientiert. Dabei gilt: Je kleiner das Einzugsgebiet, desto höher die Mindestrestwassermenge. Diese Regelung, wie auch der gesamte Plan wurden einer sog. Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) unterzogen, die auch eine gewisse Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht.
Der Beschluss der Landesregierung Nr. 893 vom 30.05.2011 (B.L.R. 893 - 2011.pdf) wirft nun die Restwasserregelung bei bereits bestehenden Wasserkraftwerken, bei denen die Konzession verlängert wird, komplett über den Haufen, indem die gestaffelten Restwassermengen des Wassernutzungsplanes plötzlich nicht mehr vorgeschrieben sind. Vielmehr wird nun eine "dynamische" Anpassung der Restwassermenge über mehrere Jahre durch sukzessive Erhöhung der Restwassermenge, ausgehend von lediglich 2 l/s/km² Einzugsgebiet für alle Einzugsgebietsgrößen vorgesehen. Gelangt die Landesregierung auf Antrag des Konzessionsnehmers zur Auffassung, dass auch eine geringere als die ursprünglich in den Umweltplänen des Konzessionswerbers angeführte Restwassermenge ökologisch ausreichend sei, wird diese verringerte Restwassermenge für die Ableitung festgelegt. Dies dürfte auch für erheblich Zündstoff bei den unterlegenen Konzessionswerbern um die großen Wasserkraftwerke sorgen, da für die Erteilung der Konzession in erster Linie die Qualität der Umweltpläne und somit ganz klar auch die Menge des versprochenen Restwassers herangezogen wurden.
Mittlerweile dürften aber auch die erfolgreichen Konzessionswerber eingesehen haben, dass die "aufgehübschten" Umweltpläne, die eine Erhöhung der Stromproduktion bei gleichzeitiger Erhöhung der versprochenen Restwassermenge vorsehen, alles andere als realistisch sind.
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz kritisiert diese einseitige und gravierende Änderung des Wassernutzungsplanes als strategisches Planungsinstrument zugunsten der Konzessionsinhaber von bestehenden E-Werken ohne die vom Gesetz vorgesehene Einbeziehung der Öffentlichkeit und zum Schaden der Gewässerökologie aufs Schärfste und fordert die Südtiroler Landesregierung auf, diesen Beschluss, der einzig den Partikularinteressen der Konzessionsinhaber nutzt, zurückzuziehen.
Restwasser: Landesregierung ändert die Regeln im laufenden Spiel
Wassernutzungsplan/Restwassermenge - Die Südtiroler Landesregierung ändert den bereits zur Begutachtung nach Rom übersandten "definitiven" Entwurf des sog. Wassernutzungsplanes einseitig ab, indem die selbst eingeführten gestaffelten Restwassermengen nicht mehr relevant sind und sie stattdessen die Höhe der Restwassermengen nach Gutdünken im laufenden Betrieb der Wasserkraftwerke festlegt. Als strategisches Planungsinstrument unterliegt auch der Wassernutzungsplan einer festgelegten Genehmigungsprozedur mit verbindlicher Öffentlichkeitsbeteiligung und kann von der Landesregierung nicht nach Belieben abgeändert werden.