Freitag, 18. Juli 2003 14:22

Protokoll "Wasser"

CIPRA fordert Protokoll "Wasser" der Alpenkonvention - Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA fordert seit vielen Jahren, dass die Alpenstaaten ein Protokoll „Wasser“ der Alpenkonvention ausarbeiten. Anlässlich des UNO-Jahres des Süßwassers 2003 hat die CIPRA heute in Innsbruck nun selber einen ausformulierten Vorschlag für ein solches Protokoll in den vier Alpenkonventions-Sprachen vorgelegt. Die Alpenstaaten und die Europäische Union haben am 1991 in Salzburg die Alpenkonvention unterzeichnet. Danach haben alle Vertragspartner dieses internationale Vertragswerk zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums ratifiziert, so dass es in den Alpen geltendes Recht ist.

Die Alpenkonvention sieht die Konkretisierung ihrer Bestimmungen in so genannten Durchführungsprotokollen vor. Solche Protokolle wurden für neun Bereiche bereits ausgearbeitet, zum Beispiel zu den Themen „Naturschutz und Landschaftspflege“, „Energie“, „Verkehr“ oder „Tourismus“.

Wasser kein wichtiges Thema für die Alpen?

Die Alpenkonvention sieht für den Themenbereich „Wasserhaushalt“ ein Durchführungsprotokoll zur Konkretisierung der allgemeinen Bestimmungen der Konvention vor. Dieses soll beispielsweise sicherstellen, dass gesunde Wassersysteme erhalten oder wiederhergestellt werden. Ein entsprechendes Protokoll wurde aber nie erarbeitet, trotz wiederholter Forderungen der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, welche die Alpenkonvention seinerzeit angeregt hatte und offizielle Beobachterin bei der Alpenkonvention ist. Als nichtstaatliche Dachorganisation vertritt die CIPRA über 100 Mitgliedsorganisationen im gesamten Alpenraum und setzt sich für eine nachhaltige Entwicklung in den Alpen ein. Die CIPRA erwartet von den Vertragsparteien der Alpenkonvention, dass sie im von der UNO ausgerufenen Internationalen Jahr des Wassers 2003 mit der Ausarbeitung eines solchen Protokolls beginnen.

Peter Haßlacher, Vorstandsmitglied von CIPRA-Österreich, forderte im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Wassercharta Mitte Juli im Innergschlöß die Inangriffnahme des Protokolls Wasser. Dabei befand er sich in guter Gesellschaft mit Umweltminister Josef Pröll, der dieses Ansinnen seitens der Republik Österreich bereits mehrfach formuliert hat. Peter Haßlacher ist daher zuversichtlich, dass die Vertragsparteien der Alpenkonvention offene Ohren für dieses Anliegen haben werden.

Die Alpen sind Lebens- und Wirtschaftsraum für die ansässige Bevölkerung und haben als Wasserschloss Europas größte Bedeutung für die außeralpinen Gebiete. Wasser sei keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden müsse, betonte CIPRA-Präsident Andreas Weissen. Die Alpenstaaten hätten eine große Verantwortung, im Interesse der Allgemeinheit die Wasservorkommen und die ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer zu erhalten und, wo erforderlich, zu verbessern. Die Einzugsgebiete vieler Fließgewässer des Alpenraums erstrecken sich über mehrere Staaten, weshalb bestimmte Probleme nur grenzübergreifend gelöst werden können und gemeinsame Maßnahmen der Alpenstaaten erforderlich machen. Nicht zuletzt ist auch die Prävention von Hochwassern eine wichtige Aufgabe, die die Alpenstaaten gemeinsam angehen müssen.

Wichtige Lücke schließen

Da die Vertragspartner der Alpenkonvention bisher nicht auf die Forderungen der CIPRA zur Erarbeitung eines Wasserprotokolls reagiert haben, hat die CIPRA nun beschlossen, im Sinne eines konstruktiven Vorschlags zur Weiterentwicklung der Alpenkonvention selber einen Protokollvorschlag auszuarbeiten. Dieser liegt in allen vier Sprachen der Alpenkonvention vor, also in Deutsch, Französisch, Italienisch und Slowenisch.

Ein Wasserprotokoll biete nicht nur wichtige Grundlagen für den ökonomischen Umgang mit Wasser, sondern schließe auch eine wichtige Lücke im Alpenschutz, erklärte CIPRA-International-Geschäftsführer Andreas Götz. Nur mit einem solchen Protokoll könne beispielsweise ein einheitlicher Standard für einen zeitgemäßen Schutz der Gletscher bewirkt werden. In einigen Staaten ist ein sehr bedenklicher Trend zu neuen Gletschererschließungen zu beobachten. Weitere Erschließungen von Gletschern mit Infrastrukturen zu touristischen Zwecken sollen aber gemäß den Forderungen der CIPRA verboten werden.

Jürgen Trittin: Hochwasserschutz als prioritäres Ziel

Wasser hat allerdings für den Menschen nicht nur positive Seiten, sondern kann als Hochwasser auch zur Bedrohung werden. Selbstverständlich spielt dieser Aspekt im Vorschlag der CIPRA für ein Wasserprotokoll eine bedeutende Rolle. Die Hochwasser der letzten Jahre haben gezeigt, dass es für die Zukunft eine weitsichtige Präventionspolitik braucht. Der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin hat in seiner Antrittsrede als Vorsitzender der Alpenkonferenz – der Konferenz der Umweltminister aller Alpenländer – betont, dass dieser Aspekt einer der Schwerpunkte des deutschen Vorsitzes bei der Alpenkonvention sein soll. Diesen Vorsitz hat Deutschland im laufenden und im nächsten Jahr inne.

Dafür ist es unerlässlich, dass die Vertragsparteien der Alpenkonvention zusammenarbeiten. Dies betrifft gemeinsame Forschungs-, Bildungs- und Informationsmaßnahmen ebenso wie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die gemeinsame Durchführung von Projekten zum schonenden Umgang mit dem Trinkwasser und den Gewässern sowie die notwendige Prävention von Schadenereignissen. Ein Protokoll „Wasser“ der Alpenkonvention bietet eine hervorragende Grundlage für eine solche Zusammenarbeit.

Mehrwert gegenüber der EU-Wasserrahmenrichtlinie

Die EU verfügt mit ihrer Wasserrahmenrichtlinie über ein nützliches Instrument für den Gewässerschutz. Zum heutigen Zeitpunkt sind allerdings erst die Hälfte der Vertragsstaaten der Alpenkonvention Mitglied der EU. Für die Schweiz, Liechtenstein und Monaco sowie nur noch für kurze Zeit für Slowenien hat diese EU-Richtlinie keine Gültigkeit.

Abgesehen davon geht die EU-Richtlinie nicht auf die Besonderheiten in den Alpen ein. Demgegenüber berücksichtigt der CIPRA-Vorschlag für ein Wasserprotokoll die besonderen ökologischen und sozioökonomischen Gegebenheiten der Alpen und die Bedürfnisse der Alpenbevölkerung, stellte Jochen Sohle, Dozent für Wasserrecht an der Universität Chambéry, Frankreich, fest. Auch Probleme der künstlichen Beschneiung, wie beispielsweise Auswirkungen von chemischen Beschneiungszusätzen auf die Wasserqualität oder die Entnahme von Wasser zu Beschneiungszwecken in Zeiten von Wassermangel, werden im Protokollvorschlag alpenspezifisch geregelt und kommen in der Richtlinie der EU nicht vor. Gleiches gilt für besondere durch Wasser verursachte Ereignisse wie Treibeis und Lawinen.

Weitere genaue Informationen im Internet unter: www.cipra.org

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