Mit der Ausrufung des Jahres der Berge 2002 wird vor allem der Schutz der Bergwelt in den Mittelpunkt gestellt. An Projekte, die die Natur und Landschaft beeinträchtigen und unzählige Autos in die Berge holen, ist dabei nicht gedacht worden.
Obwohl der Landeshauptmann kurz vor der Volksbefragung in der Gemeinde Tisens den „Dolomiten“ vom 25./26.11.2000 gegenüber beteuert hatte, bei einem knappen Ergebnis „so wie 49 zu 51% gibt es keinen Bergzoo“, beinhaltet das neue Finanzgesetz urbanistische Schleichwege für die Errichtung des Bergzoos.
Der Artikel im Raumordnungsgesetz, mit dem landwirtschaftliches Grün, einschließlich der aus Gründen des Landschaftsschutzes mit Bauverbot belegten Zonen, alpines Grünland und Wald mit anderen Nutzungen – wie Golfplätzen und, jetzt neu, mit Tierparken – überlagert werden können, ist in keiner Weise zu rechtfertigen. Die Verbände sprechen sich gegen diese Änderung des Raumordnungsgesetzes aus. Die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes sind dabei sicher nicht vertreten.
Laut „eingeschmuggeltem“ Gesetzesartikel bleibt das gesamte Zoogelände samt den rund zwanzig vorgesehenen Gebäuden urbanistisch weiterhin Wald und Wiese. Damit wird ein Großteil der Genehmigungsschritte umgangen bzw. verwässert, weil dieser „Milliardenbetrieb“ nur als Wald aufscheint. Unangefochten scheint der Zusatz im Gesetzesartikel, der eine beschränkte Nutzungsdauer und die unveränderte Bodenoberfläche vorsieht. Niemand glaubt doch im Ernst daran, dass die Errichtung eines Bergzoos im Wald ohne massive Bodenbewegungen möglich ist. Es geht dabei nicht nur um Waldschlägerungen. Soll der milliardenteure Bergzoo etwa wie ein Zirkus in einigen Jahren abgetragen werden?
Laut Zeitungsartikel vom 16.10.2001 hat das Land für die Verwirklichung des Bergzoos im Rahmen des „Jahres der Berge“ von Rom rund 23 Milliarden Lire beantragt. Nach Schätzungen werden für den Bau des Bergzoos und der notwendigen Infrastrukturen, wie Gebäude, Straßen, Parkplätze sowie für den Ankauf von Tieren aus aller Welt mindestens 100 Milliarden Lire benötigt.
In Südtirol ist nie sachlich über den Standort eines Bergzoos diskutiert worden. Für den Standort Tisens-Gallberg fehlt eine Machbarkeitsstudie. Die stark murengefährdete Gampenstaße ist dem zu erwartenden Verkehrsstrom der Besucher mit PKW und Bussen ebenso wenig gewachsen wie die Zufahrtsstraße über Nals und Prissian. Eine Umfahrungsstraße für Prissian-Tisens durch die Obstkulturen und der Bau einer schon diskutierten neuen Zufahrtsstraße durch Nals sind die logische Konsequenz.
Die Grabungsarbeiten am Gallberg gefährden wegen seiner ungünstigen geologischen Struktur (poröses Kalkgestein) die Trinkwasserquelle der Ortschaft Tisens, die Quellen unmittelbar unterhalb des Moserhofes und damit die Wasserversorgung der Gemeinde Tisens. Das ohnehin knappe Beregnungs- und Trinkwasser müsste wegen der Errichtung des Bergzoos weiter rationiert werden.
Leider genügen auch die Katastrophenereignisse des Vorjahres nicht, den Standort Platzers zu überdenken. Erosionsschäden im zum Teil steilen bis schroffen Gelände am Gallberg mit den extrem flachgründigen und humusarmen Böden mit dünner Humusschicht auf porösem Kalkuntergrund sind vorprogrammiert. Zu erwähnen bleiben die einmalige Unberührtheit der Kulturlandschaft, die wertvollen Naturräume, wie Feuchtwiesen und Tannenmischwälder, die speziellen Lebensräume für den Steinadler und die vielen, zum Teil seltenen Tier- und Pflanzenarten. Das Gebiet Tisner Mittelgebirge und Gallberg-Laugen gehört landesweit zu den wenigen noch intakten Naturlebensräumen, das dem Massentourismusprojekt Bergzoo geopfert werden soll.
In ganz Europa befinden sich Zoos in großen finanziellen Schwierigkeiten. Führende europäische Zooexperten sehen das vorgelegte Konzept zum Bergzoo als nicht zeitgemäß und ausgewogen an, da insbesondere auch Tiere aus anderen Regionen der Erde zur Schau gestellt werden sollten.
Die Bevölkerung von Tisens bleibt beim Thema Bergzoo gespalten. Das Projekt wird der Gemeinde Tisens aufgesetzt, obwohl diese weder strukturschwach ist noch Arbeitslosigkeit aufweist. Für die Bewohner von Tisens und für jene an der Verkehrsachse Lana-Platzers bzw. Vilpian-Platzers bedeutet die Abgas – und Lärmbelastung eine Einschränkung ihrer Lebensqualität.
Die Landesverbände (Landesverband für Heimatpflege, Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Alpenverein Südtirol) bestätigen aus den genannten Gründen ihre klare negative Haltung zum Projekt Bergzoo in Platzers und kündigen an, dieses mit allen legalen Mitteln zu bekämpfen.