Für die Lebewelt der Fließgewässer war dies heuer vielerorts kein leichtes Frühjahr. Die anhaltenden Frostnächte führten zu übermäßigen Wasserentnahmen und dem Trockenfallen von mehreren Fließgewässern – mit erheblichen Ausfällen an Fischen und anderen Wasserbewohnern. Zwar leisteten betroffene Fischereivereine und Freiwillige ehrenamtlich das Mögliche zur Rettung der gestrandeten Fische, dennoch sind Schäden am Fischbestand festzustellen. Besonders traurig dabei ist, dass es sich vielfach um Wildbestände mit starker Naturverlaichung handelt.
Abseits der umweltethischen Überlegungen, die aus obigen Zeilen intuitiv folgen und Totalausleitungen an öffentlichen Gewässern untragbar machen, stellt sich die Frage nach der rechtlichen Situation:
Grundsätzlich schiebt die Europäische Union durch die Grundprinzipien der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), konkret durch ein generelles Verschlechterungsverbot der Gewässer, Totalausleitungen an Gewässern einen klaren Riegel vor. Oberflächengewässer müssen demnach bis 2015 einen „guten ökologischen Zustand“ erreichen, was durch periodisches Trockenlegen keinesfalls möglich ist. Dieses Prinzip übernimmt auch der Wassernutzungsplan (WNP) als rechtliche Umsetzung der WRRL in Südtirol. Der WNP legt fest, dass grundsätzlich ALLE Wasserableitungen (auch die bereits bestehenden Konzessionen!) zur Abgabe einer Mindestrestwassermenge von zumindest 2 l/s pro Quadratkilometer Einzugsgebiet verpflichtet sind. Kritisch ist hingegen ein Passus des Plans zu landwirtschaftlichen Nutzungen. Hier können in ausgewiesenen Trockengebieten ausnahmsweise auch niedrigere Restwassermengen zur Anwendung kommen. Doch müssen diese durch Managementpläne jedenfalls die Erhaltung eines guten ökologischen Qualitätszustands des jeweiligen Gewässers ermöglichen, was mit Totalausleitungen keinesfalls kompatibel ist. Bis zur Umsetzung dieser Pläne sind sogenannte „R-Konzessionen“ von konkreten Restwasservorschriften kurzfristig befreit.
Die rechtliche Regelung zum Verbot einer Totalausleitung ist also durch den WNP gegeben. Hingegen fehlt nach wie vor der Gewässerschutzplan als wichtiges Begleitdokument zum Wassernutzungsplan. Auch hier könnten entsprechend bindende Rechtsnormen und Zeitfenster zur Problematik Restwasser und Totalausleitungen eingebaut werden.
Meinhard Mayr, Präsident des Landesfischereiverbandes, sagt dazu: „Letztlich brauchen wir in dieser Angelegenheit einen raschen Lösungsansatz, der einerseits zukünftige Totalausleitungen an unseren Gewässern strikt unterbindet, andererseits durch strategische Planung, wie etwa den Bau von Speichern in Trockengebieten, die nachhaltige Wasserversorgung für die Landwirtschaft ermöglicht.“ Konkret sind hier Politik und nachfolgend die Landesverwaltung gefordert, um im Sinne einer nachhaltigen Nutzung unserer Ressourcen zu handeln.
Klauspeter Dissinger, Vorsitzender des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, ergänzt: „Die Ausweisung von Trockengebieten und die Ausarbeitung von Managementplänen mitsamt konkreten Restwasserauflagen für alle Gewässer müssen schnellstmöglich erfolgen, damit derartige, untragbare Situationen endgültig und landesweit der Vergangenheit angehören.“
Bis zur Umsetzung dieser Pläne könnte bei ähnlich gelagerten Sachverhalten ein weiterer Rechtspassus des WNP zur Anwendung kommen. Dieser sieht vor, dass der Landeshauptmann im Falle von begründeten Bedürfnissen im Bereich der Umwelt vorübergehend höhere Restwassermengen vorschreiben kann. Totalausleitungen können also sowohl kurz- als auch langfristig verhindert werden, wenn man denn will.