Wer die „neutralen“ Argumente im „Landwirt“ liest, wird sich stark an jene der Befürworter des Flughafens erinnert fühlen. Mehr noch: Man übernimmt auch völlig ungeniert deren Halbwahrheiten, beginnend beim Gegenstand der Volksabstimmung. So geht es am 12. Juni nicht nur um die öffentliche Finanzierung des Flughafens, wie die Landesregierung seit neuestem (und nun in deren Gefolge auch der Bauernbund) behauptet, sondern um die Zustimmung oder die Ablehnung des gesamten Landesgesetzes 60/2015.
In diesem heißt es in Art. 2 Abs. 1: „Auf der Grundlage des von der Landesregierung genehmigten Entwicklungskonzepts für den Flughafen, welches die strategische Ausrichtung und die notwendigen Maßnahmen festlegt…“ Auch wenn sich das Land mittlerweile also ganz offensichtlich von seinem mehr als wackeligen Entwicklungskonzept öffentlich zu distanzieren versucht, ist es doch grundlegender Bestandteil des Gesetzes und damit der Volksabstimmung.
Das Fazit: Die Bürger stimmen nicht nur über die öffentliche Finanzierung des Flughafens ab, sondern auch über das Entwicklungskonzept der Landesregierung.
Insofern stimmt es auch nicht, dass die Bürger „nur“ über den jährlichen Beitrag des Landes in Höhe von 2,5 Millionen Euro von 2017 bis 2022 und von 1,5 Millionen Euro von 2023 bis 2035 abstimmen, denn das Entwicklungskonzept sieht viel höhere Investitionen und Führungskosten vor. So werden als Investitionskosten bis 2035 weitere 21,6 Millionen Euro anfallen, als Betriebskosten zusätzliche 58 Millionen Euro mindestens. Diese werden ausschließlich von öffentlichen Händen getragen: entweder von der Flughafen-Betreibergesellschaft ABD, einer hundertprozentigen Tochter des Landes ABD, oder – wie bereits angekündigt – von der Handelskammer: mit den Pflichtbeiträgen ihrer Mitglieder. Steuer- oder Beitragsgelder sind es also in jedem Fall.
Weiters behauptet der Bauernbund (oder die Landesregierung, wie man’s nimmt): „Es geht nicht um den Flugbetrieb.“ Auch das stimmt nicht. Das Entwicklungskonzept steht und fällt mit einem hypothetischen Flugplan, der bestimmte Passagierzahlen und Flugbewegungen prognostiziert. Auch über ihn wird demnach am 12. Juni abgestimmt.
Schließlich taucht seltsamerweise auch das zweite vom Land besonders geballt gespielte Argument in der Argumentation des Bauernbundes auf: die Panikmache, was denn mit dem Flughafen geschehe, wenn am 12. Juni das Nein gewinnt. Das Land verliere in einem solchen Fall den Einfluss über den Flughafen. Auch das stimmt nicht: Die Regierung in Rom hat bereits in die Wege geleitet, dass alle Regionalflughäfen, die nicht von nationalem Interesse sind (also auch der Bozner) an die Regionen und autonomen Provinzen gehen. Das Land wird künftig also allein entscheiden, wie die Zukunft des Flughafens aussieht.
Und auch das Schreckgespenst einer privaten Übernahme ist genau das: ein Schreckgespenst nämlich. Das bestätigt kein Geringerer als der Autor des Flughafen-Entwicklungskonzeptes Johann Frank. Er sagte bei der öffentlichen Flughafen-Anhörung im Landtag, ein Privater müsse schon bei der Caritas sein, um diesen Flughafen zu übernehmen. Angesichts eines (von offizieller Seite prognostizierten) satten Defizits bis 2035 eine durchaus nachvollziehbare Aussage.
Die Aussagen des Bauernbundes nachzulesen auf der SBB-Homepage > http://www.sbb.it/home/news-detail/index/2016/03/31/gut-informiert-zum-flughafen-referendum und im Landwirt vom 1. April 2016 > siehe Anhang