Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz hat durchaus anerkennend zur Kenntnis genommen, dass das Thema Verkehrs- und damit Gesundheitsbelastung entlang der Brennerautobahn nun endlich zur Chefsache erklärt wurde und dass eine mit den beiden anderen Euregio-Provinzen abgestimmte Strategie verfolgt werden soll.
Auch auf der Pressekonferenz anlässlich der Euregio-Vorstandssitzung an diesem Montag in Bozen erweckten die drei Herren am Podium durchaus den Eindruck, dass sie das Thema nun endlich mit der nötigen Ernsthaftigkeit angehen und lösen wollen.
Diese auch im Vorfeld medial verkündeten Maßnahmen finden sich allerdings längst nicht alle im Beschluss der Euregio. Obwohl von vielen Seiten - so auch von Landeshauptmann Kompatscher - in den Medien ein direkter Zusammenhang zwischen dem Umwegverkehr und dem billigen Diesel in Nordtirol aufgezeigt wurde, fehlt im Beschluss dazu jede Maßnahme. Das Wort „Diesel“ kommt auf den acht Seiten nicht ein einziges Mal vor. Genauso wenig wie Maßnahmen im Bereich des PKW-Verkehrs. Gerade im Zusammenhang mit der Stickoxidbelastung haben sich Geschwindigkeitsbegrenzungen und rigorose Kontrollen wie im Nordtiroler Inntal als durchaus zielführend im Sinne der Emissionsbegrenzung erwiesen.
Konkret reduziert werden soll laut Beschluss auch nur der Umwegverkehr. Bis 2020 und nur um ein Drittel. Der Umwegverkehr macht derzeit selbst zirka ein Drittel des gesamten Schwerverkehrs auf der Straßenachse über den Brenner aus. Die beschlossene Maßnahme soll in den kommenden drei Jahren also dazu führen, ein Drittel von einem Drittel zu reduzieren. Somit würden weniger als 270.000 von den zirka 800.000 Umweg-LKWs von der Straße verschwinden. Angesichts der aktuellen Zahlen des gesamten Schwerverkehrs auf der Brennerautobahn von 2,25 Mio. LKWs und den prognostizierten Zuwächsen eindeutig zu wenig, um die ebenfalls angesprochene Trendwende zu schaffen. Ziel sollte es in jedem Falle sein, den gesamten Umwegverkehr vom Brenner wegzubekommen.
Apropos Trendwende. Angepeilt wird bis 2035 ein Modal Split im Schwerverkehr Straße-Schiene von 29 zu 71 Prozent. Diesen Modal Split gab es bereits Mitte der 60er-Jahre. Damals allerdings mit einem deutlich geringeren absoluten Verkehrsaufkommen. Und dies zeigt auch schon das Dilemma von Verhältniswerten. Diese sagen rein gar nichts über die tatsächliche Belastung aus. Denselben Modal Split erhält man auch, indem man den Absolutwert auf der Straße beibehält und die absoluten Zahlen auf der Schiene in den nächsten 17 Jahren steigert. Dadurch wird zwar das Verhältnis zwischen Straße und Schiene günstiger, die absoluten Zahlen auf der Straße und somit die Belastung für die Bevölkerung auf der Brennerachse nehmen allerdings nicht ab.
So löblich die bisher getätigten Absichtserklärungen der drei Landeshauptleute auch sein mögen, für den Verkehrsgipfel in München braucht es sicherlich konkretere und verbindlichere Ansätze mit entsprechend kurzen Fristen und Terminen der Euregio, um mit Bayern und den drei involvierten Staaten erfolgreich zu verhandeln.