Die Handelskammer Bozen teilt in ihrer gestrigen Aussendung mit, sie prüfe nun rechtliche Schritte gegen das von der Nordtiroler Landesregierung beschlossene sektorale Fahrverbot (für bestimmte Transportgüter wie Abfälle, Steine, Erden und Aushub, Rundholz und Kork, Nichteisen- und Eisenerze, Stahl, Marmor und Travertin, Keramikfliesen). Laut Handelskammerpräsident Michl Ebner werde man gegen diese Einschränkung des freien Warenverkehrs auf EU-Ebene Rekurs einlegen.
Damit torpediert die Handelskammer Bozen nicht nur die Bemühungen der Nordtiroler Politik, die Grenzwert-überschreitenden Schadstoffbelastungen entlang der Brennerachse endlich zu reduzieren, sondern setzt mit diesem Schritt unter dem „Mantra des freien Warenverkehrs“ weiterhin den Schutz und die Unversehrtheit der Südtiroler Bevölkerung, die entlang der Brenner-Autobahn lebt, aufs Spiel.
Gleichzeitig tritt der neu gegründete Sonderbetrieb IDM, dessen Miteigentümer auch die Handelskammer Bozen ist, mit dem Slogan an: „Südtirol zum begehrtesten Lebensraum Europas machen“. Davon ausgenommen zu sein scheint aber das Gebiet entlang der Brenner-Autobahn zwischen Brenner und Salurn, in dem immerhin gut 40.000 Menschen unter Grenzwert-überschreitenden Schadstoffbelastungen leben und arbeiten müssen. Ob auch dieser Lebensraum Südtirols für den immer anspruchsvoller werdenden Gast zu den begehrtesten Gegenden Europas wird, darf zumindest stark bezweifelt werden.
Die Handelskammer schlägt als effizienteste Maßnahme zur Schadstoffreduzierung die Flottenerneuerung vor. Bis solche mittelfristigen Maßnahmen greifen, werden die Anrainer der Autobahn allerdings weiter belastet. Dabei sollte sie doch endlich wirksame Maßnahmen unterstützen, wie die Anpassung der Maut, die immerhin gut 600.000 Transit-LKWs von der A22 wegbringen würde. 2015 beispielsweise wurden die Grenzwerte erneut stärker überschritten als im Jahr zuvor. Zudem fuhren im ersten Quartal 2016 50.000 LKWs mehr über den Brenner als im Vergleichszeitraum 2015. Mit der Flottenerneuerung allein wird dies nicht zu kompensieren sein.
Daher fordert der Dachverband für Natur- und Umweltschutz die Handelskammer auf, sich endlich für griffige Sofortmaßnahmen einzusetzen anstatt dagegen zu rekurrieren.