Fischer und Umweltschützer staunten nicht schlecht über den kürzlich in der Wochenzeitschrift ff erschienen Pressebericht von Seiten des neuen Inhabers des Kraftwerks St. Anton, der Eisackwerk GmbH („Figata mondiale“, Nr. 16/2015, S. 19). Darin skizzierten Frasnelli und Pichler ihre Ideen zur Erneuerung der bestehenden Anlage, mitsamt dem Konzept zum Bau eines Ausgleichsbeckens von ca. 100.000 m³ Fassungsvermögen. Dadurch soll das Schwallwasser der Anlage St. Anton aufgefangen, zwischengespeichert und kontinuierlich in die Talfer zurückgegeben werden.
Der Hintergrund: Da das Kraftwerk St. Anton von einem Stausee bei Wangen gespeist wird, wird das dort gespeicherte Wasser zur Erzeugung von Spitzenstrom genutzt. Ein lukratives Geschäft, weil Strom stets dann in großer Menge erzeugt wird, wenn er besonders gefragt und eben teuer ist.
„Für den Fluss unterhalb des Kraftwerks St. Anton sind die durch die diskontinuierliche Stromerzeugung entstehenden starken Wasserstandschwankungen (in der Größenordnung von aktuell knapp 2 m³/s während des Sunks und ca. 14 m³ während des Schwalls) nicht nur ein Sicherheitsrisiko, sondern auch eine ökologische Katastrophe,“ sagt Klauspeter Dissinger, Vorsitzender des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz. Die täglich auch mehrmals auftretenden künstlichen Hochwässer machen allen Wasserlebewesen arg zu schaffen. So stranden beispielsweise vor allem kleine, schwimmschwache Jungfische bei dem Rückgang der künstlichen Flutwelle und verenden. Jedenfalls zählt die Problematik Schwallbetrieb zu den gravierendsten menschlichen Eingriffen in den Lebensraum Fließgewässer.
Während hierzulande zur Bewältigung des Schwallproblems noch kaum konkrete Lösungsansätze vorliegen, ist man in anderen Alpenregionen bereits seit geraumer Zeit dabei, geeignete Lösungsansätze auszuarbeiten und umzusetzen. Neben der Änderung der Betriebsweise der Kraftwerke bzw. der Umleitung des schädlichen Schwallwassers in Vorfluter stellt vor allem der Bau sogenannter Ausgleichsbecken eine interessante, wenngleich platz- und kostenintensive Lösung dar. Der wesentliche Vorteil bei Einsatz von Ausgleichsbecken ist, dass man (bei entsprechend großen Beckenvolumina) die periodischen Wasserstandschwankungen zur Gänze oder zumindest zu einem erheblichen Teil abbauen kann. Im Gegensatz dazu werden die negativen Auswirkungen des Schwalls im Falle von Bypassleitungen oder einer Änderung der Betriebsweise der E-Werke nur abgedämpft, nicht aber zur Gänze behoben.
Im konkreten Fall des Kraftwerks St. Anton wäre man durch den Bau des angekündigten Speichers imstande, die Talfer, den für die Vorfluter Eisack und in der Folge Etsch so wichtigen Zubringer, ökologisch stark zu verbessern. Meinhard Mayr, der Präsident des Landesfischereiverbandes Südtirol, sagt dazu: „Diese Maßnahme hätte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur sehr positive Effekte für den Fischbestand der Talfer, sondern würde sich zusammen mit den entfernten Wanderhindernissen auch positiv auf die Fischfauna des darunterliegenden Eisack-Abschnitts auswirken.“
Für viele weitere Gewässerstrecken mit Schwallbetrieb im Lande, so etwa die Falschauer bei Lana, könnte ein derartiges Pilotprojekt als Initialzündung dienen. Das jedenfalls erhoffen sich der Landesfischereiverband Südtirol sowie der Dachverband für Natur- und Umweltschutz. Bleibt zudem zu hoffen, dass das ehrgeizige Projekt der Eisackwerk GmbH eine rasche Umsetzung erfahren kann.