Gestern wurde von einem internationalen Forscherteam eine neue wissenschaftliche Studie (https://doi.org/10.1186/s12302-020-00446-y) zur Belastung von Spielplätzen mit Pestiziden vorgestellt. Nach wie vor finden sich auf diesen sog. sensiblen Zonen, die eigentlich frei von jedweden Pestiziden sein müssten, ganzjährig Rückstände. Damit bestätigt auch diese neue Studie das Grundproblem, welches bereits mit einer ersten Studie im Jahr 2017 aufgezeigt wurde: Ausgebrachte Pestizide bleiben nicht auf den Zielflächen, sondern werden großräumig verdriftet. Damit gelangen diese Stoffe auch auf Flächen und in Bereiche, wo wir sie nicht erwarten würden. Gerade sensible Zonen wie Kinderspielplätze sollten eigentlich komplett pestizid-frei sein. Im Endeffekt ist es aber unerheblich, ob es sich um einen Kinderspielplatz, einen öffentlichen Park oder einen privaten Garten handelt. Pestizide werden dorthin verdriftet. Und das bleibt ein Riesenproblem.
Auch diese neue Studie ist in einem anerkannten wissenschaftlichen Magazin veröffentlicht worden und hat vor der Veröffentlichung einen sog. Peer-review-Prozess, bei dem das Manuskript vor der Veröffentlichung von anonymen Fachleuten auf Herz und Nieren geprüft wird, durchlaufen. Zudem wurden für die neue Studie die Rohdaten der Rückstandsproben des Landes selbst ausgewertet. An Inhalt und Aussage dieser Studie dürfte es also wenig auszusetzen geben. Damit ist dies nun die zweite veröffentlichte wissenschaftliche Studie, die das Problem der Pestizid-Rückstände auf sensiblen Zonen wie Kinderspielplätzen dokumentiert.
Die bereits im Jahr 2017 gestellte Forderung, dass alle sog. Nicht-Zielflächen pestizidfrei sein müssen, gilt umso mehr angesichts dieser neuen Erkenntnisse. Null Abdrift muss so schnell wie möglich umgesetzt werden und nicht erst irgendwann in der Zukunft! An dieser Stelle muss die Systemfrage zum einem Landwirtschaftsmodell im intensiven Obstbau, welches auf Pestiziden aufbaut, gestellt werden. Denn nicht nur die Abdrift ist schnellstmöglich zu lösen.
Zusätzlicher Druck kommt von europäischer Seite. Die EU-Biodiversitätsstrategie vom Mai letzten Jahres sieht unter anderem vor, dass bis 2030:
- die Nutzung der Pestizide in der Landwirtschaft um mindestens 50% verringert wird;
- mindestens 25% der landwirtschaftlichen Fläche bis 2030 ökologisch/biologisch bewirtschaftet werden müssen;
- mindestens 10% der landwirtschaftlichen Fläche wieder mit Landschaftselementen mit großer Vielfalt zu gestalten sind.
Wie all dies mit dem aktuell pestizid-basierten Landwirtschaftsmodell im intensiven Obstbau funktionieren soll, darauf muss Südtirols Politik schnellstmöglich Antworten finden und konkrete Lösungen liefern. Zwar wurde auch unlängst wieder von einer “Vision Landwirtschaft 2030” gesprochen und das Land Südtirol bereits vor zwei Jahren als “Land der Artenvielfalt” bezeichnet. Jetzt aber gilt es wirklich und unabdingbar, dass endlich konkrete Schritte hin zu einer Modellregion gesetzt werden. Die Ankündigungen dürfen nicht zu Rohrkrepierern werden.