Die Starkregen-Ereignisse des letzten Wochenendes samt der flächendeckenden Hochwassersituationen sind – Gottseidank – noch einmal vergleichsweise glimpflich ausgegangen. Dabei hat sich klar gezeigt, das Hochwasserrisiko ist überall dort hoch, wo die Gewässer in der Vergangenheit zu stark eingeengt worden sind. Immer neue bauliche Maßnahmen, Dämme, Mauern und Verbauungen sind dabei das falsche Mittel der Wahl. Nicht nur, weil man irgendwann technisch und finanziell an die Grenzen stoßen wird, was Bau und Instandhaltung dieser Infrastrukturen anbelangt. Sondern auch weil mit punktuellen Verbauungen das Hochwasserrisiko lediglich an den Unterlieger weitergereicht wird, wo sich die Situation noch zusätzlich verschärft. Damit löst man keine Hochwasserprobleme, sondern perfektioniert – mit immensem Aufwand – das Problem.
Es deutet alles darauf hin, dass das Hochwasserproblem in Zukunft noch verschärft wird. Durch die reale Klimakrise werden extreme Wetterphänomene auch bei uns häufiger und sie nehmen an Intensität zu. Daher ist der einzig sinnvolle Weg zur Reduzierung des Hochwasserrisikos, den Gewässern endlich wieder den Platz einzuräumen, den sie brauchen. Dafür gibt es auch in Südtirol mittlerweile einige gute Beispiele, wie die Aufweitungen an der Ahr sowie an der Rienz von St. Sigmund flussabwärts. Diese Aufweitungen haben sich auch am vergangenen Wochenende im Sinne des Hochwasserschutzes bewährt, wie Vertreter der Zivilschutzorganisationen in den Medien bestätigt haben.
Über den Hochwasserschutz hinaus bringen solche Ausweitungen noch weitere Vorteile mit sich. Auwälder, der natürliche gewässerbegleitende Lebensraum in den Talsohlen, sind jener Landschaftstyp, welcher in den letzten 100 Jahren am stärksten zurückgedrängt wurde. Dabei zeigen die Roten Listen der Tiere und Pflanzen, dass vor allem Arten, die auf Feucht- und Gewässerlebensräume angewiesen sind, besonders stark bedroht sind. Daher sind mit dem jeweiligen Gewässer dynamisch verbundene Aufweitungen auch wichtige und dringend notwendige Maßnahmen in Sinne des Erhalts und der Förderung der Artenvielfalt.
Mehr Platz, mehr Hochwasserschutz, mehr Artenvielfalt – eine Win-Win-Situation für Mensch und Umwelt. Daher muss zügig, engagiert und ehrlich in Richtung dieser Win-Win-Situation gearbeitet werden. Enttäuschende Erfahrungen wie beim Etschdialog in Vinschgau, wo die geforderten innovativen Lösungen im Hochwasserschutz unter Einbezug der Unterlieger im Nachhinein leider einseitig durch die Landwirtschaft gekippt wurden, darf es nicht mehr geben. Denn eines ist ganz sicher: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt.