Die während des Südtirol-Besuchs von Verkehrsministerin De Micheli und Verkehrskommissarin V?lean bekräftigten Positionen zur Verkehrsbelastung in Südtirol sind mehr als ernüchternd. Der freie Warenverkehr dominiert sowohl die nationale als auch die europäische Politik, das Grundrecht auf Gesundheit wird offensichtlich mit Füßen getreten. Unsere Lokalpolitiker machen auch noch gute Miene zum bösen Spiel. Was ist denn in den letzten Legislaturen zum Thema Verkehr und Transit in Rom passiert?
Dabei sollten sie sich an ihren Nordtiroler Kollegen ein Beispiel nehmen. Dort verteidigt Landeshauptmann Platter robust und solide die bis dato getroffenen Maßnahmen zur Transitreduzierung und bekommt auch von der Bundesregierung in Wien offen und klar Unterstützung. Die Positionen der Landeshauptleute in der Euregio könnten also unterschiedlicher nicht sein. Um die weiterhin fehlenden konkreten Handlungen und Maßnahmen zu verteidigen, verweist man auf Südtiroler Seite auf eine scheinbar nicht ausreichende Datengrundlage. Man wolle die Verkehrsdaten besser erheben. Eigenartig nur, dass auf Nordtiroler Seite die Datengrundlage für weitgehende verkehrsreduzierende Maßnahmen offensichtlich ausreicht. So divergierend können die Verkehrsdaten zwischen dem Nordtiroler Gries am Brenner und der Südtiroler Gemeinde Brenner gar nicht sein, als das man sich hier außer Stande sieht, endlich ins Handeln zu kommen. Zudem herrscht im Gegensatz zu Österreich in Italien eine streckenabhängige Maut. Jede Ein- und Ausfahrt von verschiedenen Fahrzeugkategorien ist individuell nachverfolgbar, da ja auch entsprechend bemautet wird. Aber auch diese zusätzlichen Daten scheinen immer noch nicht auszureichen.
Äußerst problematisch ist diese einseitige politische Haltung gleich auf mehreren Ebenen. Lokal geht es um das Recht auf Gesundheit und Lebensqualität von zehntausenden Menschen, die in den Stickoxid-Überschreitungsgebieten leben und arbeiten müssen. Daneben verursachen Staus und Unfälle durch das ungehemmte Verkehrswachstum enorme volkswirtschaftliche Kosten. Und nicht zu vergessen die klimaschädliche Dimension eines Umwegverkehrs dieser Größenordnung. Hunderte Millionen von LKW-Kilometern pro Jahr, die nur gefahren werden, weil die Fahrt über den Brenner die betriebswirtschaftlich günstigste ist. Allein dieser zusätzliche CO2-Ausstoß ist gigantisch. Die neue EU-Kommission feiert sich für den „European Green Deal“ - deren Transportkommissarin verteidigt aber weiterhin ein in höchstem Maße klimafeindliches System.
Diese Ambivalenz wird der Dachverband für Natur- und Umweltschutz über seine Netzwerke bis nach Brüssel tragen. Die Südtiroler Politik hat dies bisher leider versäumt.