Mittwoch, 25. Juni 2014 10:41

Bozner Flugplatz: Nicht blenden lassen!

Kosten/Nutzen-Analyse -  Der Präsident der Bozner Handelskammer stellt eine vier Jahre alte hausintern angefertigte Studie zur Nutzen-Analyse des Bozner Flugplatzes vor und erklärt, dass sich die direkten und indirekten wirtschaftlichen Effekte auf jährlich 9,5 Millionen Euro summieren würden und der Nutzen somit über den Kosten liege, erwähnt die bisherigen Kosten allerdings nicht. Dabei bestätigte erst im Mai dieses Jahres LR Mussner, dass der Flugplatz bis 2013 rund 100 Millionen Euro gekostet hat, weitere 24 Millionen sollen bekanntlich in den Ausbau gesteckt werden. Wir hoffen, dass LH Kompatscher genauer nachrechnet und sich nicht all zu leicht von Hochglanz-Studien blenden lässt.


Gestern wurde eine WIFO-Studie aus dem Jahr 2010 zum volkswirtschaftlichen Nutzen des Bozner Flugplatzes vorgestellt. Erwartungsgemäß wurde dabei sehr großzügig gerechnet und nicht nur der direkte Nutzen ausgewiesen, sondern impliziert, dass die in die Studie eingerechneten Touristen ausschließlich über den Bozner Flugplatz angereist wären. Zumindest ein Großteil der genannten Touristen wären auch über alternative Flughäfen wie etwa Innsbruck oder Verona angereist und können somit nicht ausschließlich dem Bozner Flugplatz zugerechnet werden. Zusätzlich wurden in die Nutzen-Rechnung auch alle indirekten Effekte mit eingerechnet. Zudem rechtfertigt er die öffentliche Finanzierung mit dem Argument, dass ein beträchtlicher Teil wieder über Steuern in die Landeskassen zurückfließen würde. So kommt Handelskammer-Präsident Michl Ebner auf einen jährlichen volkswirtschaftlichen Gesamteffekt von 9,5 Millionen Euro und betont, dass der Nutzen damit höher sei als die Kosten. Die Kosten werden von ihm aber gar nicht erwähnt. Diese belaufen sich nämlich bis zum Jahr 2013 auf rund hundert Millionen Euro, wie LR Mussner in Beantwortung einer Landtagsanfrage erst Ende Mai zugeben musste. Zudem sind für den weiteren Ausbau weitere 24 Millionen Euro im Masterplan aus dem Jahre 2011 vorgesehen. Wurden alle diese Kosten in der Analyse berücksichtigt?
Seriöserweise sollten dann aber auch die Opportunitätskosten berücksichtigt werden, denn 100 Millionen Euro an öffentlichen Geldern könnten in anderen Bereichen, wie etwa der Steigerung der Energie-Effizenz im Bauwesen, weit mehr und nachhaltigere direkt und indirekt positive volkswirtschaftliche Effekte erzielen. Davon profitieren würde vor allem die arg gebeutelte Südtiroler Bauwirtschaft, deren indirekte Effekte natürlich auch in die Gesamtrechnung miteinbezogen werden müssten.
Auch der Verweis auf den Steuereffekt ist durchaus zu hinterfragen, denn die Steuern der Schweizer Airline, die für die Aufrechterhaltung ihres Linienbetriebes in drei Jahren gut 5,3 Millionen Euro von der öffentlichen Hand erhält, werden kaum im Südtiroler Steuertopf landen.
Daher erwarten wir uns von LH Kompatscher, dass er diese Studie richtig einzuordnen und kritisch zu hinterfragen weiß und die dort genannten Zahlen, Daten und Fakten überprüft, vor allem aber auch jene Zahlen in eine eventuelle Entscheidung miteinbezieht, die dort nicht genannt werden. Zudem erwarten wir uns von einem Landeshauptmann, dass er für eine ausgewogene Entscheidung im Sinne des Gemeinwohls auch ökologische und soziale und nicht ausschließlich ökonomische Kriterien heranzieht.

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